28. September 2021, 10:00 bis 11:30 Uhr
Online-Veranstaltung
Auch in diesem Jahr bietet das House of Energy als Alternative zum traditionellen House of Energy Kongress eine Reihe von Online-Foren in der zweiten Jahreshälfte an.
Um die Energiewende ganzheitlich zu betrachten, rücken neben wirtschaftlichen und technische Themen in diesem Jahr vor allem Aspekte der Nachhaltigkeit und Verantwortung in den Fokus.
Programm am 28. September 2021
Begrüßung und Einführung | Christian Engers, House of Energy
„Im Kreislauf aus der Rohstoffkrise?“ | Dr. Sandro Szabó, Technologieland Hessen
3 Impulsvorträge
Fragerunde mit den Teilnehmern
Verabschiedung | House of Energy
Anmeldungen sind bis zum 27. September möglich.
Die Teilnahme ist kostenlos.
Hier alle Termine im Überblick:
13. Juli 2021 | Auftaktveranstaltung | Keynote Speech und Podiumsdiskussion "Die Energiewelt WERTVOLL gestalten" |
| Online-Forum 1: |
10:00-11:30 Uhr
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Wertstoffkreisläufe – (Seltene) Materialien und Recycling
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10:00-11:30 Uhr
| Sektorenkopplung – Die Etablierung eines multimodalen Energiesystems Teil 1 |
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Online Forum 2: Wertstoffkreisläufe – (Seltene) Materialien und Recycling
Am 13. Juli ist die diesjährige Online-Reihe des House of Energy Kongress mit dem Leitthema „Energiewende wertvoll gestalten – Aspekte der Nachhaltigkeit“ mit einer spannenden Podiumsdiskussion gestartet. Bei unserem zweiten Forum am 28. September 2021 drehte sich alles um das Thema „Wertstoffkreisläufe – (Seltene) Materialien und Recycling.“
Christian Engers vom House of Energy begrüßte rund 20 Teilnehmende. Er betonte die Wichtigkeit des Themas und stellte fest, dass neben wirtschaftlichen und technischen Themen vor allem Aspekte der Nachhaltigkeit und Verantwortung in den Fokus zu bringen seien, um die Energiewende ganzheitlich zu gestalten. Man müsse sich also nicht nur die Frage stellen, welche Herkunft die notwendigen Materialien haben, sondern auch, wie nachhaltig deren Beschaffung ist. Diese und weitere Fragen galt es mitHilfe der Impulsvorträge zu beantworten.
Den Anfang machte Dr. Sandro Szabó von Technologieland Hessen, einer Plattform der Hessen Trade & Invest GmbH, die hessische Unternehmen bei der Entwicklung zukunftsweisender Innovationen unterstützt, mit dem Beitrag „Im Kreislauf aus der Rohstoffkrise?“
Dr. Szabó beschrieb, dass die Gewinnungvon Primär Rohstoffen oft als „kritisch“ angesehen werden kann. Insbesondere bei innovativen Materialien, die zur Erreichung der Ziele eines „European Green Deals“ beitragen könnten, sei dies relevant. Bei dringend benötigten Rohstoffen bestünden aktuell Lieferprobleme und mitunter unterlägen sie extremen Preisschwankungen. Beispiele wären Iridium [1] oder Neodym[2].
Nicht selten würden diese Elemente von einigen wenigen Quellen stammen. So beziehe die Europäische Union beispielsweise 44 % ihrer Rohstoffe allein aus der Volksrepublik China.
Doch neben den „wirtschaftlichen“ Faktoren könnten manche Rohmaterialien auch aus anderen Gründen als „kritisch“ bezeichnet werden. Hier seien insbesondere die Nachhaltigkeit (endliche Vorkommen, Klimabilanz), lokaler Umweltschutz (Verschmutzung, Trinkwassermangel etc.) oder soziale Aspekte (z. B. Kinderarbeit, Arbeitssicherheit) zu nennen. Eine Kreislaufführung könne dazu beitragen, diese Probleme zu minimieren. Dabei sei es allerdings wichtig, dass möglichst alle verbauten Elemente aus einem Produkt in einem Kreislauf zirkuliert werden. Hier reiche es nicht aus, „nur das Gold herauszutrennen“. Einen natürlichen „Ausschuss“ würde es allerdings immer geben; die maximale Recyclingrate sei endlich.
„Das Limit ist dann erreicht,wenn mehr Ressourcen und Energie zum Recycling benötigt werden, als man letztendlich herausbekommt.“
„Die Technologiewende ist auch eine Material Wende!“
Mit diesen Worten eröffnete Frau Dr.Ing. Eva Brouwer von der FraunhoferEinrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS) ihren Vortrag „Wertstoffkreisläufe im Kontext der Energiewende“.Damit gab sie ihrem Vorredner recht und stützte sich auch darauf, dass eine Kreislaufwirtschaft erforderlich sei, um beispielsweise den zukünftigen Bedarf an NeodymEisenBor Magneten im Bereich der Unterhaltungselektronik und Elektromobilität zu decken.
Frau Dr. Brouwer sieht folgende Möglichkeiten, um die Nachfrage zu decken:
→ Substitution kritischer Elemente oder Legierungen
→ Erkundung alternativer Seltenerd Quellen (Neue Vorkommen & Nutzung von Nebenprodukten)
→ Recycling von End ofLife Produktenund Magneten
Als Beispiel führte sie den Kreislauf von Magneten an: Für Magnete seien die Technologien vom Grundprinzip her zwar bereits vorhanden, jedoch würden die Alt Magneten fehlen. Es sei eine große und kontinuierliche Inputmenge notwendig, um eine Kreislaufwirtschaft initiieren zu können.
Dafür müssten verschiedene Räder ineinandergreifen. Man benötige nicht nur die Recyclingtechnologie, sondern auch intelligente Sortier systeme und Demontagetechnologien. Natürlich solle das Recycling nachhaltig sein, jedoch müssten die Magnete auch wirtschaftlich sein und der Spezifikation entsprechen, um im Markt zu bestehen.
Mit der Frage „Wasserstoff – Kosten treiber oder Beitrag für nachhaltige und profitable Geschäftsmodelle der Zukunft?“ beschäftigte sich Herr Dr. Klaus Altfeld, Geschäftsführer der evety GmbH. Die evety GmbH ist ein Gemeinschaftsunternehmen von OGE, TÜV SÜD und Horváth, das Kunden der Energiewirtschaft, Mobilität und Industrie bei der Konzeption und Umsetzung von De karbonisierungsmaßnahmen, insbesondere mit Blick auf Wasserstoff, berät. Einleitend rief Herr Dr. Altfeld die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung in Erinnerung. Die Themen der Vorredner sieht Herr Dr. Altfeld durch das Ziel 12 (nachhaltiger Konsum und Produktion) abgedeckt und er stimmt mit ihnen überein, dass bei der Kreislaufwirtschaft nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die sozialen und ökologischen Aspekte wichtige Teile des Gesamtbildes sind.
Ziel 7 (Nachhaltige und moderne Energie) und Ziel 13 (Klimawandel bekämpfen) legen hingegen dar, wie wichtig regenerative Energien seien, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Zur Zielerreichung sei in den nächsten 30 Jahren neben der bilanziellen Kompensation auch die reale Vermeidung, also die Senkung des Energieverbrauchs, notwendig. Herr Dr. Altfeld sieht hier zwei Lösungsansätze: Suffizienz und Effizienz.
Diese wurden auch schon in den letzten 30 Jahren teilweise umgesetzt, aber durch den sog. „ReboundEffekt“ weit gehend kompensiert. Energieeinsparungen durch Effizienzsteigerungen traten nicht ein, weil die damit verbundenen Kostenein sparungen zu sätzliche Energieverbräuche begünstigten. So wurden beispielsweise Häuser besser gedämmt, gleichzeitig wurde die Wohnfläche pro Einwohner aber deutlich erhöht. Suffizient hingegen wäre es beispielsweise, Wohnflächen zu reduzieren, die Nutzungs dauer von Gütern zu erhöhen oder sie von mehreren Parteien zu nutzen (Stichwort Carsharing). Dies jedoch würde für die Industrie und Wirtschaft weniger Absatz mit sich bringen. Die zweite Option – Effizienz – bedeutet, den Wirkungsgrad zu erhöhen, um bei gleichem Nutzen weniger Energie zu verbrauchen, beispielsweise durch Elektro motoren. Herr Dr. Altfeld schlägt daraufhin den Bogen zum Thema Wasserstoff – dieser werde auf Grund seiner Beschaffenheit für alle Sektoren des Energieverbrauchs relevant und leiste beispielsweise als Speicher und Transportmedium einen wichtigen Beitrag für den zukünftigen Strommarkt. Da die Emissionsvermeidung durch Elektrifizierung ab einem bestimmten Wendepunkt zu teuer werde, komme Wasserstoff für weitere Anwendungsfälle in Frage.Entsprechend sei Wasserstoff ein wichtiger Bestandteil im gesamten System. Er würde auch auch als Energieträger für einige Recyclinganwendungen benötigt (z. B. bei Altmagneten) und so den Markthochlauf der entsprechenden Technologien unterstützen.
Ein weiterer Aspekt in der Kreislaufwirtschaft ist die additive Fertigung und gedruckte Elektronik. Hierzu trug Prof. Dr. Ulf Schwalbe von der Hochschule Fulda seinen Impuls „Neue Anwendungen des 3D Drucks“ vor. Im industriellen Kontext wird 3D Druck zumeist als Additive Fertigung (auch Additive Manufacturing) bezeichnet. Die Additive Fertigung habe viele verschiedene Anwendungsfelder. Vornehmlich sei sie in der Medizin zu finden. Dort würden beispielsweise Implantate und Prothesen gedruckt. Auch in der Mobilität, im Bauwesen und in der Luft und Raumfahrt könnten schon viele Teile auf diesem Weg gefertigt werden.
Der Vorteil der additiven Fertigung liege in der Funktionsintegration und optimierung der Bauteile. Dies ermögliche eine Herstellung mit minimalen Abfallmengen undhohem Materialverbrauch – im Gegensatz zur subtraktiven Fertigung, bei der Bauteile beispielsweise erst gegossen und dann aus gestanzt werden. Die genaue Anpassung sorge für ein schnelleres Verfahren, weniger Ressourcenverbrauch sowie individuelle Anpassungsmöglichkeiten. Auch das Selbstdrucken von Ersatzteilen stellt einen Vorteil im Sinne der Nachhaltigkeit dar.Darüber hinaus seien bei dem klassischen Druck mit Kunststoff oder anderen wiederverwendbaren Materialien auch Recyclingmethoden denkbar. Herr Prof. Dr.Schwalbe arbeite derzeit selbst an einem entsprechenden Projekt, um die Kreislaufwirtschaft zu realisieren.
Nach diesem letzten Impuls startete Herr Engers die Diskussions und Fragerunde. Zunächst wurde Frau Dr.Ing. Eva Brouwer gefragt, ob Magnete altern und ihre Eigenschaften verlieren würden. Sie verneinte diese Frage und wies darauf hin, dass die Technologien sich aber natürlich weiter entwickeln und die Anforderungen und Spezifikationen sich verändern würden.
Die nächste Frage war, welche Rahmenbedingungen es brauche, damit die kreislauffähige Gestaltung ein Teil von Geschäftsmodellen werden kann. Grundsätzlich sind sich die Referenten darüber einig, dass Wirtschaftlichkeit ge geben sein muss und Unternehmen ein Interesse daran haben müssen, Produkte zurückzunehmen. Frau Dr.Ing. Brouwer führte als Beispiel den Markt für Alt Magneten an. Sobald diese einen gewissen Wert bekämen, würden sich auch die Motorenhersteller darum kümmern, die Magneten zu verarbeiten und wieder bereitzustellen. Auch Herr Dr. Altfeld ist der Meinung, dass Recycling für die Unternehmen „Sinn machen muss“ und „wirtschaftlich Spaß machen muss“. Ähnlich wie Herr Prof. Dr. Schwalbe nach ihm ergänzte er, dass der steigende Rohstoffbedarf die Kreislaufwirtschaft von selbst ankurbeln werde. Herr Prof. Dr. Schwalbe verwies auf ein Projekt für SecondLife Autobatterien. Hier sei ein weiterer Benefit, dass die Recyclingprozesse das Material reiner zur Verfügung stellen als das Material aus einer Mine. Sobald der Markt die Benefits erkennt, würde er sich von selbst „beflügeln“, da zukünftige Anwendungen auch mehr und mehr Technik verbauen.
Im Hinblick auf die Klimaproblematik wies Herr Dr. Altfeld nochmal auf die steigende Anzahl der benötigten Batterien und Speicher hin, betonte erneut die seines Erachtens effizientere Möglichkeit, den Konsum zu reduzieren und erhielt Zuspruch von den anderen Referenten. Herr Schwalbe betonte, dass unser derzeitiges Wirtschaftssystem auf Wachstum beruhe und hier ein Um denken nötig sei. Herr Szabo fügte hinzu, dass ein Ziel des European Green Deals sein müsse, diese Dinge voneinander zu entkoppeln.
Abschließend stellte Prof. Dr. Birkner, Geschäftsführer des House of Energy, die Frage ob wirklich alle Bestandteile beispielsweise eines Handys recycelt werden könnten und wie ein solches Verfahren aussehen könnte. Herr Dr. Szabó antwortete, dass dies gerade bei Smartphones besonders schwierig sei, da diese „das halbe Periodensystem beinhalten.“ Gold sei beispielsweise einfacher zu trennen und weiterzuverarbeiten als Elemente, die chemisch stärker binden. Man müsse zu der Erkenntnis kommen, dass AltElektronik einen großen Wert hat. Herr Schwalbe fügte hinzu, dass das Recyling nicht „for free“ zu haben sei und dass auch immer auf die Bilanz geachtet werden müsse.
Auch interessierte Prof. Dr. Birkner, welche Möglichkeiten zum Recyceln es im 3DDruckgäbe. Herr Prof. Dr. Schwalbe antwortete darauf, dass zum einen Materialien aus nach wachsenden Rohstoffen (z. B. Maisstärke) und zum anderen Kunststoffe oder leitfähige Elemente verwendet würden. Wenn diese nach dem RecylingProzess sortenrein vorliegen, könnten sie auch wieder zum Drucken verwendet werden.
Glossar
[1] Wird für die Gewinnung von Wasserstoff per Elektrolyse benötigt
[2] Bestandteil für Permanentmagneten, für Stromgewinnung, z. B. im Elektromotor
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